EMR März 2025
Liebe Leserin, lieber Leser
Zusätzlich zu der beängstigenden russischen Aggression gegen die Ukraine erliess Präsident Trump am 1. Februar 2025 drei Durchführungsverordnungen. Mit diesen wies er die Vereinigten Staaten an, neue Zölle auf Einfuhren zu erheben, die alle m 4. Februar 2025 in Kraft treten sollen:
- Kanada (25%), um den Strom illegaler Drogen und illegaler Migranten über die Nordgrenze zu bekämpfen.
- Mexiko (25%), um gegen einen ähnlichen Strom illegaler Drogen und illegaler Migranten über die südliche Grenze vorzugehen, und
- China (10%), um gegen die Lieferkette für synthetische Opioide in der Volksrepublik China vorzugehen.
Eine Ausnahme ist, dass die kanadischen Zölle auf 10% für fossile Brennstoffe begrenzt werden. Die Anordnungen sehen vor, dass der Präsident die Zölle weiter anheben kann, wenn Kanada, Mexiko und China Vergeltungs-massnahmen ergreifen. Die daraus resultierenden Zölle betreffen die Bereiche Energie, Metalle, Chips und Pharmazeutika. Es wurde angedroht, auch für andere Länder Zölle zu erheben. Diese Politik steht für einen sehr eigentümlichen, noch nie dagewesenen internationalen Handelskrieg.
Die Auswirkungen auf die Politik und die Weltwirtschaft liessen nicht lange auf sich warten. Immer mehr Analysten sind sich bewusst, dass ein längerer Handelskrieg negative Folgen haben wird, nicht nur für die angesprochenen Länder, sondern auch für andere Länder. Fest steht, dass die Verhängung von Zöllen zu höheren Kosten, unterbrochenen Lieferketten und einem kaum zu beziffernden Verlust von Arbeitsplätzen führen kann. Sowohl in den betroffenen Ländern als auch das Verursacherland, die USA sind davon betroffen. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung müssen wir davon ausgehen, dass Zölle dieser Grössenordnung die Importe als auch die im Inland produzierten Güter verteuern werden. Der inflationäre Prozess geht somit weiter! Es ist in der Tat überraschend, dass Präsident Trump selbst eingeräumt hat, dass seine Politik negative Folgen für die amerikanischen Verbraucher haben könnte. Wahnsinn! Wir können uns deshalb nur die Frage stellen: Warum hat er es trotzdem getan?
Tatsache ist, dass Kanada kurz nach Trumps Ankündigung Vergeltungszölle von 25% auf US-Waren ankündigte. Diese Reaktion bestätigt die Annahme, dass die Verhängung von Zöllen gegen die wichtigsten Handelspartner Vergeltungsmassnahmen nach sich zieht. Man kann sich fragen: Sollte dies das Hauptziel des Präsidenten der grössten Volkswirtschaft der Welt sein? Diese Einstellung spricht nicht gerade für nationale und internationale Investitionen. Vor allem weil die sich abzeichnenden Veränderungen im wirtschaftlichen, sozialen und politischen Umfeld für ein geringeres Wirtschaftswachstum sprechen und die Zentralbanker zum Handeln auffordern. Seit den Ankündigungen des Präsidenten zur Einführung von Zöllen stehen sie vor dem Dilemma, entweder die Inflation zu bekämpfen oder die Wirtschaftstätigkeit anzukurbeln. In unseren früheren EMRs haben wir argumentiert, dass dies ein schwieriger Entscheidungskontext ist, den wir noch nie erlebt haben, d.h. entweder die Inflation unabhängig vom Ergebnis der Wirtschaftstätigkeit zu bekämpfen oder die Kosten für Investitionen zu senken, um die Wirtschaftstätigkeit anzukurbeln. Dieses Umfeld lässt sich nur sehr schwer im Sinne einer erfolgversprechenden Investitionshaltung quantifizieren.
Als Anleger sehen wir uns mit einem Szenario konfrontiert, das der langjährigen Haltung der Zentralbanker widerspricht, nämlich die Inflation niedrig und stabil zu halten. Die Aussichten erfordern nun die Berücksichtigung höherer Kosten, was eine Umkehrung der seit dem Zweiten Weltkrieg verfolgten Politik bedeutet, als ein spezifisches Ziel der Währungsbehörden der nachhaltige Versuch war, Handelsschranken – zwischen Handelspartnern – abzubauen, um Wachstum und Wohlstand zu fördern. Die jüngsten Entwicklungen deuten auf eine dramatische Kehrtwende hin, deren Folgen sich derzeit nur schwer mit hinreichender Sicherheit beziffern lassen.
DETERMINISTISCHES UMFELD
An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass sich die aktuellen Aussichten nur schwer und mit hinreichender Genauigkeit quantifizieren lassen, was vor allem auf die Haltung von Präsident Trumps “America First”Politik zurückzuführen ist. Die möglichen Vergeltungsmassnahmen Kanadas, Mexikos oder Chinas und anderer Staaten müssen ebenfalls ernsthaft in Betracht gezogen werden. Sie werden wahrscheinlich zu noch höheren Zöllen führen. Gleichzeitig werden auch die Befürworter höherer Kosten zu gegebener Zeit die negativen Folgen für ihre Verbraucher zu spüren bekommen! Erinnern wir uns: “Seit dem Zweiten Weltkrieg war die wichtigste Entwicklung in der Handelspolitik der sehr allmähliche, aber anhaltende Abbau von Handelshemmnissen, der nur von kurzen Auseinandersetzungen zwischen den wichtigsten Handelspartnern unterbrochen wurde”. Doch mit Trumps Amtsantritt wird die grösste Volkswirtschaft der Welt damit beginnen, ihren wichtigsten Handelspartnern hohe Zölle aufzuerlegen – eine politische Entscheidung, die bereits zu Vergeltungsmassnahmen geführt hat, die einen Anstieg des Handelsprotektionismus in der ganzen Welt fördern. Diese neue Situation deutet eindeutig auf negative Auswirkungen auf Verbraucher- und Investitionsausgaben sowie auf den internationalen Handel hin.
Der erwartete Anstieg der Inflation erfordert Massnahmen und Reaktionen der Zentralbanken. In dieser Phase müssen wir uns als Anleger fragen, welche Schritte z.B. die FED unternehmen wird, um die negativen Auswirkungen sowohl auf die Binnen- als auch auf die Aussenhandelsaussichten abzumildern.
EINSCHLÄGIGE EINSCHÄTZUNG FÜR 2025
Im Einklang mit dem oben skizzierten Szenario erwarten wir zumindest kurz- bis mittelfristig höhere Inflationsraten, sowohl in den USA als auch in den meisten fortgeschrittenen Volkswirtschaften. Ein heikler und kongruenter deterministischer Effekt wird die jeweiligen Aktionen/Reaktionen der jeweiligen Währungsbehörden betreffen.
Wenn man, wie die meisten Analysten, davon ausgeht, dass die Zentralbanker die Inflation weiterhin durch Zinsanpassungen bekämpfen, werden wir alle mit erheblichen Auswirkungen auf die jeweiligen Währungen konfrontiert sein. Deterministische Faktoren, die nicht leicht und ausreichend genau quantifizierbar sind, beziehen sich auf die Auswirkungen von Trumps Zolleinführungen und die entsprechenden Aktionen und Reaktionen der “Lieferländer”. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass das Wall Street Journal die aggressive Zollpolitik als “den dümmsten Handelskrieg der Geschichte” bezeichnete.
Die von den Trump’schen Zöllen betroffenen Lieferländer müssen entweder versuchen (a) ihre Exportpreise unverändert zu halten, d.h. eine Verringerung der konstanten Gewinne hinnehmen oder (b) ihren Anteil am Exportvolumen verteidigen müssen, indem sie sowohl reduzierte Preise als auch reduzierte Gewinnmargen akzeptieren.
Kaum war die Drohung mit weltweiten Zöllen ausgesprochen, kündigte Präsident Trump in gewohnter Trump’scher Verhandlungsmanier an, dass die US-Regierung alle Zölle, die von Ländern für amerikanische Importe erhoben werden, angleichen werde, mit dem Versprechen, dass die Vereinigten Staaten ihre Zölle ebenfalls abschaffen würden, wenn die betreffenden Länder die Zölle auf amerikanische Importgüter auf Null senken würden. Dies bietet die Aussicht auf eine zollfreie Welt, mit Ausnahme von China, Kanada und Mexiko. Wenn diese drei Länder den Forderungen zur Bekämpfung der illegalen Drogeneinfuhr und zur Eindämmung des Zustroms illegaler Einwanderer nachkämen, bestünde auch für sie die Aussicht auf Zollerleichterungen.
AKTUELLE ERWARTUNGEN
Aus der obigen Einschätzung lässt sich ableiten, dass Prognosen aufgrund der Wahrnehmung eines anhaltenden wirtschaftlichen, d.h. handels- und geldpolitischen Umfelds, sei es aufgrund des anhaltenden russischen Krieges gegen die Ukraine oder des Trump’schen Zollkrieges, so schwierig wie nie zuvor sind. Die Anleger sehen sich einem schwierigen Umfeld gegenüber, das von begrenzten Möglichkeiten der Diversifizierung zwischen Ländern und Währungen spricht.
Als Schweizer Anleger tendieren wir zu folgendem Ansatz:
Wir halten ein grösseres Engagement im heimischen Markt aufrecht. Mit anderen Worten: Wir fürchten das Potenzial für grosse Währungsverluste.
Beibehaltung eines hohen Engagements in Sektoren wie der Technologie und der Finanzindustrie, wo wir unabhängig von “ausländischen” politischen Einflüssen einen gewissen Vorteil geniessen. Sicherlich können wir an diesem Scheideweg nicht mit hinreichender Sicherheit quantifizieren, was die neue US-Regierung aufgrund ihrer Ausrichtung auf ihre “America First”-Politik de facto unternehmen wird.
Im gegenwärtigen Umfeld konzentrieren wir unser Währungsengagement auf den CHF, da wir nicht in der Lage sind, die Aktionen und Reaktionen der derzeitigen US-Regierung sowie die Reaktion der japanischen und europäischen Volkswirtschaften vorherzusehen. Auch die Politik der Europäischen Zentralbank bleibt schwer einzuschätzen.
Vorschläge sind willkommen.